mail to: info@ChrisZeyer.ch

phone: +41 79 606 21 46

«Die Energiemärkte funktionieren nicht – das zeigen die aktuellen Strompreise». Diese Aussage höre ich aktuell sehr oft. Dabei lehrt uns die aktuelle Situation gerade das Gegenteil. Was sind die Hintergründe? Wie können wir Energiekrisen in Zukunft vermeiden?

 

Frankreich ist aktuell rund die Hälfte aller Kernkraftwerke in Revision. Produktionskapazitäten sind also knapp. Auf Märkten sind steigende Preise die Regel, wenn das Angebot knapp wird. Jeder Produzent überlegt sich, ob er das Produkt zu einer späteren Stunde nicht noch teurer verkaufen könnte. Das gilt genauso auf den Energiemärkten. Gleichzeitig ist der Preis von Erdgas in den letzten zwölf Monaten um den Faktor drei gestiegen. Auch das wirkt sich direkt auf den Strompreis aus. Denn auf dem Strommarkt gilt: Der Strompreis wird definiert durch das teuerste noch gebrauchte Kraftwerk. Das sind in diesen Tagen meistens Gaskraftwerke, deren Produktionspreis direkt proportional zum Gaspreis steigt und fällt. Dass der Sommer ausgesprochen trocken ist und die Speicherseen nur zu 80 % gefüllt sind, verknappt das Angebot zusätzlich und lässt uns allenfalls noch höhere Preise für den Winter befürchten.

 

Fehlende Flexibilität der Stromverbraucher*innen

Ein wesentlicher Grund für das Überschiessen der Strompreise ist auch die fehlende Elastizität bezüglich Stromverbrauchs und Strompreis: Wir haben uns daran gewöhnt, dass Strom jederzeit günstig zur Verfügung steht. Nur die wenigsten Verbraucher*innen sind heute in der Lage, den Verbrauch zu drosseln, wenn Strom teuer wird. Die Stromverbraucher*innen werden so zur Geisel der Anbieter: Ist Strom knapp, wird jeder Strompreis akzeptiert. So ist es nicht erstaunlich, dass der Strompreis in den letzten zwölf Monaten um einen Faktor 10 gestiegen ist.

Allerdings: die Situation könnte sich auch schlagartig wieder verändern. Gelingt es der französischen Firma EDF tatsächlich wie versprochen, den grossen Teil der Kernkraftwerke zu Beginn des Winters wieder in Betrieb zu nehmen und fällt – einmal angenommen – die russische Aggression wegen logistischer Probleme in sich zusammen, würde sich der Strompreis genauso schnell in die Gegenrichtung bewegen. Natürlich gälte dies genauso, wenn die EU aufgrund des innenpolitischen Drucks beschliessen würde, die Sanktionen gegen Russland aufzuheben.

 

Wir können das Problem nicht aussitzen

Kann man also die aktuelle Situation einfach aussitzen und auf die Zukunft hoffen? Das wäre die falsche Überlegung. Wir lernen heute, dass Strom knapp werden kann und dass in der Folge die Strompreise in nicht akzeptable Höhen steigen. Wir sehen, dass – bei aller Bereitschaft zur Zusammenarbeit – in Europa die nationalen Interessen nach wie vor sehr stark sind. Wir können aus den Strompreisexzessen auch schliessen, dass die Verfügbarkeit von Produktionsanlagen für Strom genauso wie die der Preis der benötigten Energieträger kritische Faktoren für die Strompreisentwicklung sind. Gerade für die Produktionsanlagen gilt: Wird der Strom einmal knapp, gelingt es nicht, auf die Schnelle neue Kraftwerke ans Netz zu bringen.

 

Keine Preisschwankungen mit Windkraft und Sonnenenergie

In einer kürzlich erschienenen Publikation der Internationalen Energieagentur konnte man lesen, dass Windkraft und Solarenergie heute die günstigsten Reduktionstechnologien für Strom sind. Mit Bezug auf die aktuelle Situation ist aber eine weitere Eigenschaft dieser Technologien besonders interessant: Die Produktionskosten sind unabhängig von den Preisen der Energieträger. Einmal installiert, produzieren sie für 20 Jahre zu gleichbleibend tiefen Kosten. Für die erneuerbaren Energien ist dies ein weiterer Pluspunkt: Neben den positiven Auswirkungen auf die Klimakrise wirken sie wie eine Versicherung gegen steigende Strompreise. Es ist daher nichts als logisch, massiv in diese Technologien zu investieren, um unabhängiger werden. Dies gilt für Europa genauso wie für die Schweiz.

 

Noch etwas lehrt uns die Krise: Als Konsumenten sollten wir lernen, flexibler auf den Strompreis zu reagieren. Ist er hoch, sollten wir sparsam mit Strom umgehen, ist er tief, gilt dies weniger. Auch diese Fähigkeit wird für die Energiewende von grosser Bedeutung sein

 

Veröffentlicht durch Angestellte Schweiz im onlinemagazin  apunto

Mit grossem Vergnügen schreibe ich über die aktuellen Entwicklungen in der Energie und Klimapolitik sowie über weitere Themen, die mich interessieren.

 

Meine Blogs finde Sie auf der Homepage von swisscleantech und dem onlinemagazin Apunto von Angestellte Schweiz sowie auf meinem Linkedin Profil. Hier finden Sie ein paar Beispiele aus den letzten Jahren.

Christian Zeyer

© 2024 chriszeyer.ch